23.02.2023 | Nachlese zur Hybrid-Fachtagung „Holzenergie“

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Anlässlich der Hybrid-Fachtagung „Holzenergie“ am 23.02.2023 im Zentrum HOLZ in Olsberg haben sich mehr als 200 Stakeholder aus Forst- und Holzwirtschaft, Kommunen, Stadtwerken, Energiedienstleistern, Wohnungswirtschaft sowie Industrie und Gewerbe über die aktuellen Rahmenbedingungen, Konzepte, Bereitstellungsketten und Einsatzbereiche der energetischen Holznutzung informiert. Einen besonderen Fokus der Veranstaltung bildeten die Klimaschutzeffekte der Energie aus Holz und das Zusammenspiel im Verbund mit weiteren erneuerbaren Energieträgern.

Highlights aus der Fachtagung “Holzenergie” am 23.02.23 im Zentrum HOLZ in Olsberg

„Eine nachhaltige und multifunktionale Waldbewirtschaftung und die ressourceneffiziente Nutzung des Rohstoffes Holz leisten einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele und zur Substitution fossil geprägter Materialien und fossiler Energieträger“ betonte Thomas Kämmerling, Leiter von Wald und Holz NRW, anlässlich der Begrüßung der Teilnehmenden.

Die Bereitstellung von Waldenergieholz als Koppelprodukt bei der forstlichen Produktion von Holzsortimenten zur stofflichen Nutzung sei Teil einer nachhaltigen Walbewirtschaftung. Das bei der weiteren Verarbeitung des Rundholzes zu klimafreundlichen Holzbauprodukten anfallende Industrierestholz werde sowohl zur Energieerzeugung in den holzwirtschaftlichen Unternehmen als auch zur Herstellung von Energieprodukten wie zum Beispiel Holzpellets genutzt.

Fachtagung Holzenergie im Seminarraum des Zentrums HOLZ
Fachtagung Holzenergie im Seminarraum des Zentrum HOLZ

„Die Holzenergie ist somit fester Bestandteil der Wertschöpfungskette Forst-Holz. Gleichzeitig leistet die energetische Holznutzung einen wichtigen Beitrag zum Waldschutz und bei der Bewältigung der aktuellen Waldschäden in Nordrhein-Westfalen“, so Thomas Kämmerling.

Professor Dr. Hubert Röder, Forstwissenschaftler und Leiter der Professur für Nachhaltige Betriebswirtschaft der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf am TUM Campus Straubing, stellte in seinem Vortrag und der anschließenden Diskussion zur Nachhaltigkeit der Holzenergie klar, dass die Auswirkungen des Waldmanagements einschließlich der Speicherung von biogenem Kohlenstoff in Holzprodukten und die Substitution fossiler Brennstoffe durch die klimaneutrale Holzenergie einer ganzheitlichen Betrachtung bedürfen.

„Der Gesamtkohlenstoffspeicher von bewirtschafteten Wäldern und den daraus gewonnenen Holzprodukten wird in Europa in allen Klimaszenarien weiter zunehmen. So erwartet das Joint Research Centre der Europäischen Kommission aufgrund des hohen Alters oder des Anpassungsbedarfs und Waldumbaus in bewirtschafteten Wäldern eine Steigerung der Holzernte, wodurch der Beitrag der forstbasierten Bioökonomie zum EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 weiter ausgebaut werden kann“, so Professor Röder.

Prof. Dr. Hubert Röder zum Thema „Wie nachhaltig ist die Holzenergie? – Baustein für eine nachhaltige und dezentrale Wärme- und Stromerzeugung“
Prof. Dr. Hubert Röder zum Thema „Wie nachhaltig ist die Holzenergie? – Baustein für eine nachhaltige und dezentrale Wärme- und Stromerzeugung“

„Eine Steigerung der Holzernte führt zu einer Steigerung der Kohlenstoffspeicherung in Holzprodukten und zu einem höheren Aufkommen an Resthölzern und Koppelprodukten für die energetische Nutzung. Der verstärkte Einsatz von Holzprodukten im Bausektor erfolgt somit Hand in Hand mit dem Ausbau der Holzenergie. Durch die Nutzung von Waldrestholz und Pellets können in der EU in der Summe bis zu 2,2 Gt CO2eq THG-Emissionen bis 2050 vermieden werden. Waldrestholz und Pellets (4.000 PJ/a) könnten so „nebenbei“ 28% des jährlichen fossilen Gasverbrauchs in Europa (14.000 PJ im Jahr 2020) ersetzen und damit die Erreichung der Klimaschutzziele bis 2050 erheblich beschleunigen“ führte Professor Röder weiter aus.

Er stellte zudem klar, dass die bei der energetischen Nutzung von (Holz-) Nebenprodukten entstehenden CO2-Emissionen durch die Bindung von atmosphärischem Kohlenstoff im Rahmen des Waldwachstums ausgeglichen werden. Voraussetzung hierfür sei jedoch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, d.h. ein Gleichgewicht von Holznutzung und Holzzuwachs. Dabei sichere das Belassen von ausreichend Totholz die Biodiversität.

Podiumsdiskussion mit den Referenten und dem Moderator (v.l.n.r. Martin Schwarz, Thomas Kämmerling, Thomas Leyener, Prof. Dr. Hubert Röder, Hans Martin Behr)
Podiumsdiskussion mit den Referenten und dem Moderator (v.l.n.r. Martin Schwarz, Thomas Kämmerling, Thomas Leyener, Prof. Dr. Hubert Röder, Hans Martin Behr)

Vor dem Hintergrund des aktuellen Schadholzaufkommens durch Sturm, Dürre und Borkenkäferkalamität und des proaktiven Waldumbaus hin zu klimaresilienten Mischwäldern forderte er eine sofortige und verstärkte Umsetzung von dezentralen Holzenergiekonzepten in Verbindung mit weiteren erneuerbaren Energien. Zudem gelte es jetzt die klimaschädlichen THG-Emissionen durch fossile Energieträger zu mindern, um die größtmöglichen Klimaschutzeffekte zu erzielen und die nationalen und europäischen Ziele zur Minderung der THG-Emissionen einzuhalten.

Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, live zugeschaltet aus der Landeshauptstadt Düsseldorf, betonte anlässlich Ihres Impulsreferates den Beitrag hocheffizienter und umweltschonender Biomasseheizungen zur Substitution fossiler Energieträger. Dies erfolge im Rahmen einer nachhaltigen und dezentralen Verfügbarkeit von holzartiger Biomasse. Im Zusammenspiel mit hybriden Wärme- und Energiekonzepten auf Basis erneuerbarer Energien schließe die Holzenergie insbesondere Lücken bei der winterlichen Wärmeversorgung und sei deshalb notwendiger Teil der Lösung zum Erreichen eines klimaneutralen Gebäudebestands. „Als Fazit kann festgehalten werden, dass Deutschland die Klimaziele am Wärmemarkt bis 2045 ohne die Nutzung moderner Holzenergie und den Ausbau der Nah- und Fernwärmeversorgung nicht erreichen kann“, schloss Ministerin Silke Gorißen ihr Impulsreferat.

Impulsreferat von Frau Ministerin Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, live zugeschaltet aus der Landeshauptstadt Düsseldorf
Impulsreferat von Frau Ministerin Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, live zugeschaltet aus der Landeshauptstadt Düsseldorf

Hans Martin Behr von der Pellet Group GmbH, Diplom-Forstwirt und Mitglied im Vorstand des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbandes (DEPV), referierte zum Thema „Pelletproduktion in der Wertschöpfungskette Forst-Holz“.

Ein Best-Practice-Beispiel zur Kommunalen Wärme aus Holz präsentierte Thomas Leyener von der Gemeinde Burbach. Anlässlich der Modernisierung des Schulzentrums in Burbach wurden die in mehreren Gebäuden installierten alten Gas-, Öl- und Elektroheizungen durch eine Energiezentrale mit einer modernen Hackschnitzelfeuerung ersetzt. Die Bereitstellung der Hackschnitzel erfolgt aus den Wäldern der örtlichen Waldgenossenschaften.

Tim Steindamm, Planer und Projektleiter bei der Seeger Engineering GmbH, stellte das Thema „Hybride Wärme- und Energiekonzepte“ vor. Einen Schwerpunkt bildete dabei die hierzu entwickelte stundenscharfe Jahressimulation des Zusammenspiels von PV-Anlage und Wärmepumpe sowie von Biomassefeuerung und Solarthermie. Diese bietet den Betreibern die Möglichkeit eine bestmögliche Optimierung von Anlagentechnik, Effizienz, Betriebsweise und Betriebskosten vorzunehmen.

Podiumsdiskussion mit den Referenten und dem Moderator (v.l.n.r. Regina Kil, Martin Schwarz, Georg Dischner, Sebastian Schulte Fecks, Dr. Daniel Kuptz)
Podiumsdiskussion mit den Referierenden und dem Moderator (v.l.n.r. Regina Kil, Martin Schwarz, Georg Dischner, Sebastian Schulte Fecks, Dr. Daniel Kuptz)

Aktuelle Marktsituation und Versorgungssicherheit waren das Thema der Fachreferentinnen vom Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband e.V. (DEPV). Annina-Louisa Brinkmann ging ausführlich auf die heimische Produktion von Holzpellets in Deutschland und deren wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit ein. Sie informierte über die Erhebung des Preisindex für Pellets sowie die letztjährige und aktuelle Preisentwicklung. Anna-Marlen Vöcking beleuchtete die Preisentwicklung am Holzmarkt insgesamt und stellte die DEPI-Preiserhebung für Hackschnitzel als repräsentativen Preisindex für qualitätsgesicherte Hackschnitzel gem. der ENplus-Zertifizierung vor.

Dr. Petr Tluka, Projektmanager für Energiewirtschaft bei NRW.Energy4Climate, informierte über gesetzlichen Rahmenbedingungen zum nachhaltigen Einsatz von Biomasse und die aktuellen Förderprogramme. Biomassefeuerungen und Wärmenetze werden aktuell im Rahmen der Impuls-Förderung kommunale Wärmeplanung, Bundesförderung für effiziente Wärmenetze, Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft sowie von progres.nrw gefördert. Detaillierte Informationen bietet hierzu das FÖRDER.NAVI der NRW.Energy4Climate.

Mittagsimbiss in der Dauerausstellung des I.D.E.E. e.V. im Zentrum HOLZ
Mittagsimbiss in der Dauerausstellung des I.D.E.E. e.V. im Zentrum HOLZ

Georg Dischner von den Bayerischen Staatsforsten und Leiter des Zentrums für Energieholz, live zugeschaltet aus Oberammergau, stellte die Verfahren, Einsatzbereiche und Potenziale zur nachhaltige Bereitstellung von Waldenergieholz vor. Durch die Bayerischen Staatsforsten werden jährlich rd. 1,2 Mio. SRM nachhaltig erzeugte Hackschnitzel bereitgestellt. Diese ersetzen mit einem Energieinhalt von 900.000 Megawattstunden ca. 90 Millionen Liter Heizöl, was einer Minderung von jährlich rund 250.000 Tonnen CO2 entspricht. Er betonte den Beitrag der Holzenergie für eine wertschöpfende Nutzung nicht sägefähiger Holzsortimente beim Waldumbau, der Pflege von Jungbeständen sowie für den Waldschutz. „Eine funktionierende Energieholznutzung ist zwingender Beitrag für aktiven Waldschutz“, so Georg Dischner.

Dr. Daniel Kuptz vom TFZ Bayern beleuchtete in einem ganzheitlichen Ansatz die aktuellen Empfehlungen und Forschungsergebnisse zur Aufbereitung von Hackschnitzeln. In Bezug auf das Qualitätsmanagement entlang der Prozessschritte Hacken, Trocknung, Siebung und Lagerung zog er folgendes Resümee: „Die Qualitätssicherung für die Brennstoffproduktion beginnt bereits bei der Holzernte im Wald. Die Brennstoffqualität kann entlang der gesamten Prozesskette verbessert, aber auch verschlechtert werden.“

Dr. Daniel Kuptz und Adam Gostkowski (v.l.n.r.) berichten über die Einsatzmöglichkeiten der Laborgeräte im Festbrennstofflabor
Dr. Daniel Kuptz und Adam Gostkowski (v.l.n.r.) berichten über die Einsatzmöglichkeiten der Laborgeräte im Festbrennstofflabor

Sebastian Schulte Fecks, der Firmeninhaber der Holzenergie Schulte Fecks e.K., informierte über die Zertifizierung von Hackschnitzeln aus der Sicht eines Energiedienstleisters. „Produktanforderungen aus den Normen werden unter einem Label ENplus-Hackschnitzel zusammengefasst, wodurch sich eine Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Hackschnitzelsortimente für den Verbraucher ergibt. Der zur Biomassefeuerung passende Brennstoff ermöglicht so einen effizienten und störungsfreien Betrieb der Anlage“, betonte Sebastian Schulte Fecks.

Michael Jakszt, Inhaber des gleichnamigen Ingenieurbüros für die Planung und den Bau von Biomasseanlagen, stellte den Einfluss der wichtigsten Brennstoffparameter in Bezug auf Feuerungstechnik und Austragung vor und gab einen umfassenden Überblick über die für den jeweiligen Brennstoff geeigneten Feuerungstypen.

Thomas Schmidmeier von der Schmidmeier NaturEnergie GmbH referierte zum Thema Anlagenkonzepte für Dampf und Prozesswärme aus Biomasse. Hierfür stehen beispielsweise standardisierte Energiezentralen für den Einsatz im Leistungsbereich bis 4.000 kW oder 5.000 kg/h Sattdampf in Fertigbauweise zur Verfügung. In Bezug auf die Funktionsweise einer Pellet-Dampfanlage stellte er fest: „Die Dampfleistung schwankt im Minutentakt zwischen 10% und 130% der Nennleistung. Der Dampfdruck bleibt dabei bis auf +/- 0,3 bar konstant, wodurch sich eine hervorragende Regelperformance ergibt.“

Gruppenportrait mit den Referierdend und Veranstaltern der Fachtagung (obere Reihe v.l.n.r. Adam Gostkowski, Michael Jakszt, Tim Steindamm, Prof. Dr. Hubert Röder, Dr. Daniel Kuptz; mittlere Reihe v.l.n.r. Hans Martin Behr, Sebastian Schulte Fecks, Thomas Schmidmeier, Dr. Ralf Petercord; untere Reihe v.l.n.r. Annina-Louisa Brinkmann, Regina Kil, Anna-Marlen Vöcking, Dr. Stefanie Wieland, Martin Schwarz)
Gruppenportrait mit den Referierenden und Veranstaltern der Fachtagung (obere Reihe v.l.n.r. Adam Gostkowski, Michael Jakszt, Tim Steindamm, Prof. Dr. Hubert Röder, Dr. Daniel Kuptz; mittlere Reihe v.l.n.r. Hans Martin Behr, Sebastian Schulte Fecks, Thomas Schmidmeier, Dr. Ralf Petercord; untere Reihe v.l.n.r. Annina-Louisa Brinkmann, Regina Kil, Anna-Marlen Vöcking, Dr. Stefanie Wieland, Martin Schwarz)